Eine kurze Bemerkung vorab: es ist das erste mal, dass ich mich zu Testzwecken und damit etwas intensiver mit einem Produkt der Kategorie Inkontinenzhilfsmittel befasse. Bis anhin habe ich mir solche einfach nach kurzem Check der Herstellerangaben und etwaiger Berichte von einschlägigen Foren gekauft, angezogen und nach einem ersten Eindruck entweder verworfen oder in meine Favoriten aufgenommen. Kurz: es waren stets ausschliesslich subjektive Kriterien, die ich bei der Wahl berücksichtigte. Was eigentlich logisch ist, denn die Windeln sollten ja meinen Bedürfnissen entsprechen. Und wenn ich sie für gut befand, so taten sie dies auch. 😉
Nun aber soll ein Testbericht entstehen, der nach möglichst strengen Kriterien nachprüfbare, objektive und damit für Euch aussagekräftige Resultate über ein Produkt liefern soll. Das ist nicht so einfach, denn hierfür stehen mir lediglich ganz simple „Hausmittelchen“ für die Erhebung von Daten zur Verfügung. Also werde ich hauptsächlich auf die Aussagekraft von Bildern zurückgreifen.
Ich bitte also, die etwas dilettantische Art des folgenden Berichtes zu verzeihen!
Die Windel: Erste Eindrücke
Geliefert wird die Absorbency A+ (im Folgenden A+ genannt) in nichtkomprimierten, luftdurchlässigen Beuteln à 8 Stück.
Die Windel ist rein weiss (in etwa vom selben weiss wie die Easy Slip Windel), trägt in der Mitte einen blassblauen Schriftzug (*MEDIUM O/M * MEDIUM O/M * MEDIUM O/N 1045 309 ) der sehr dezent gehalten ist und das Flair nicht gross stört.
Sie fühlt sich etwas steif an, ist nicht so dick wie die Abri Form X-Plus (im Folgenden M4 genannt) oder die Delta Form M3 (im Folgenden M3 genannt).
Die Folie ist sehr fein, fühlt sich geschmeidiger und zarter an als diejenige der M3, welche ja ihrerseits schon ziemlich fein ist. Sie knistert etwas mehr als die M4, stört aber nicht sonderlich.
Negativ fällt auf, dass die Folie ganz leichte Verletzungen in Längsrichtung aufweist, die offenbar durch Transportrollen bei der Produktion verursacht wurden.
Was einem geübten Windelkenner sofort ins Auge springt ist das Fehlen der seitlichen Bündchen des Auslaufschutzes. Warum auf so ein wichtiges Element der Windel verzichtet wurde, kann wohl nur dadurch erklärt werden, dass die Produktionskosten tief gehalten werden mussten.
Die Windel in Zahlen
Länge und Breite:
(Zur Bestimmung der Länge habe ich die Windel flach ausgelegt und in Längsrichtung leicht gestreckt.)
Länge total = 88cm
Breite total = 63cm
Länge Saugkissen = 70cm
Breite Saugkissen vorne = 33cm
Breite Saugkissen hinten = 37cm
(Zum Vergleich: Länge M4 = 83cm ; Länge M3 = 85cm)
Dicke:
(Die Dicke habe ich wie folgt ermittelt: Windel mittig gefaltet und zusammengedrückt. Danach mit leichtem Druck zusammengehalten und die Dicke mit einem Messschieber gemessen.)
Dicke = 6mm (+/- 2mm)
(Zum Vergleich: Dicke M4 = 9mm (+/- 2mm) ; Dicke M3 = 7mm (+/- 2mm)
Gewicht:
(Ich habe die Windeln – 10 Stück – sowohl einzeln als auch zusammen gewogen und aus den Ergebnissen einen Mittelwert ermittelt.)
Gewicht = 146 g
(Zum vergleich: Gewicht M4 = 187g ; Gewicht M3 = 139g)
Die Windel im Detail:
Auseinandergefaltet erscheint die Windel nicht mehr so dick, wie der erste Eindruck glauben machte. Ein 9cm breiter hellblauer Streifen durchzieht das Saugkissen der Länge nach. (Keine Ahnung, wofür) Das Saugkissen ist sehr kompakt und seltsam gesteppt, es fühlt sich an wie eine grosse Noppenfolie, nur dass die „Noppen“ sich nicht zusammendrücken lassen. Es ist nicht annähernd so flauschig wie jenes der M3, ziemlich steif, etwa so, wie bei der M4. Doch diese Eigenschaft verliert sich rasch, wenn die Windel ganz sorgfältig geknetet wird.
Schneidet man die Windel auf, so lässt sich das Saugkissen, welches durch etwa ein Dutzend der Länge nach angeordneten Klebelinien gehalten wird, sehr leicht heraustrennen – zu leicht!
Das Saugkissen selbst besteht aus zwei Wattebändern, die förmlich eingepudert sind mit Superabsorber. Die spezielle Verarbeitung von Zellstoff und Superabsorber – ich vermute mal durch Pressen unter Wärme – sorgt für das eigenartige Steppmuster, welches offenbar dadurch entsteht, dass der Superabsorber an den Presskanten zu stark aushärtet.
Wie erwähnt enthält das Saugkissen reichlich Superabsorber in Pulverform. Dieser ist nicht sauber in den Zellstoff eingewirkt, sodass Körnchen durch das Flies treten können, wenn die Windel sehr voll wird.
Die Klebestreifen:
Die Windel besitzt vier Klebestreifen, die in einem Abstand von nur 7,5cm voneinander und 5cm unterhalb des Hinteren Windelrandes angeordnet sind.
Es handelt sich leider um Einwegklebestreifen, das heisst, ein Nachjustieren oder ein zweimaliges anlegen der Windel ist unmöglich.
Die Verschlüsse haben eine Breite von ca. 3cm, haften sehr gut an der Folie und reissen auch nicht ab. Das ablösen der Klebestreifen von ihrer „Ruheposition“ ist aber ein wenig eine Fummelei, da muss man vorsichtig hantieren, vor allem weil man ja nur eine Chance besitzt, die Windel zu schliessen.
Praxistest:
Ich habe die Windel drei unterschiedlichen Praxistests unterzogen. Zum einen habe ich sie mit genau einem Liter (sehr kalkhaltigem) Hahnenwasser gefüllt und die Auswirkungen untersucht. Dann habe ich die Windel mit einem Liter Salzwasser mit einem Gehalt von 10% gefüllt. Und schliesslich wurden sie auch getragen und benutzt, das jedoch nur tagsüber und für jeweils nur kurze Zeit.
Wassertest:
Die Windel wurde der Länge nach auf dem Boden ausgebreitet und vorsichtig in der Mitte mit genau einem Liter Wasser befüllt. Das Wasser wurde gut aufgenommen, verteilte sich über etwas mehr als die Hälfte des Saugkissens und liess dieses extrem aufquellen. Die Windel war nachher gut 4cm dick!
Ein Rücknässen war praktisch nicht festzustellen. Ich habe mit der Hand leicht auf das Gelkissen gedrückt, spürte aber keine Nässe.
Was aber negativ auffiel war das Austreten von Superabsorberkörnchen aus dem Flies.
Ich habe die Windel etwa 15 Minuten ruhen lassen und dann angezogen. Sie fühlte sich enorm dick an und hing schwer zwischen den Beinen. Die Windel fühlte sie sich im Stehen ziemlich trocken an, aber als ich mich auf einen mit einer Papierserviette belegten harten Stuhl setzte, spürte ich Nässe. Insbesondere hinterliess ich auf dem Stuhl einige Nässespuren die offenbar dadurch entstanden, dass Wasser durch die leicht perforierte Folie gedrückt wurde (siehe Bemerkung zur Folie weiter oben).
Weiter machte sich auch das grosse Gewicht der Windel bemerkbar, indem die Folie unter den Klebestreifen nach etwa einer Stunde zu reissen begannen! Dabei habe ich mich ganz normal bewegt.
Salzwassertest:
Hier machte ich eine sehr interessante Beobachtung: Nachdem ich wie oben die Windel vorsichtig mit dem Liter Salzwasser gefüllt habe, blieb diese dünn und sehr wässrig. Der Superabsorber wirkte kaum, das Wasser lief aus der Windel. Wie sich die Windel wohl im Härtetest mit Harn verhalten würde?
Harntest:
Diesen Test habe ich zweimal unter nahezu gleichen Bedingungen durchgeführt. Ich habe mir die Windel gleich am Morgen nach dem Aufstehen angezogen. Dabei habe ich sorgsam darauf geachtet, dass der mittlere Teil der Windel eine schöne Schiffchenform erhielt, um eine Panne wegen den fehlenden Seitenbündchen zu vermeiden. Ich befüllte sie im Stehen ganz vorsichtig, und zu meiner Ueberraschung ging nichts daneben.
Die Harnmengen waren nicht sehr gross, beim ersten mal gut 0.45l , beim zweiten mal 0.35l .Dies ergab eine nachträgliche Messung des Gewichtes der vollen Windel.
Drei Dinge fielen im Folgenden negativ auf:
Erstens spürte ich ein leichtes Nässegefühl in der Windel. Ich führe dies darauf zurück, dass der hochkonzentrierte Morgenharn wohl die Wirkung des Superabsorbers beeinträchtigt hatte.
Zweitens drückte etwas Nässe seitlich aus der Windel, als ich mich wiederum auf den mit der Serviette belegten, harten Stuhl setzte. Hier machte sich offenbar das Fehlen des seitlichen Auslaufschutzes bemerkbar.
Drittens begann sich nach etwa einer Stunde der obere Teil des Saugkörpers von der Windel zu lösen und in diese hineinzurutschen.
Fazit:
Nach Abwägung aller Ergebnisse dieser Untersuchung komme ich zum Schluss, dass diese Windel für den harten Alltagsgebrauch wohl eher nicht geeignet ist. Zu viele negative Faktoren stören und machen das Tragen dieser Windel eher zu einem „Abenteuer“.
Zu beziehen ist die Windel in Deutschland bei Save Express
Hier noch einmal die komplette Bilderserie zum Test:
Danke für diesen sehr ausführlichen Test.
Jetzt weiß ich zumindest, welche Windel demnächst garantiert nicht in meinem Warenkorb bei Save landen wird, obwohl ich schon mit den Gedanken gespielt hatte.
Aber für mich sind die „Leak Guards“ schon ein K.O.-Kriterium, da ich sehr aktiv bin und die Windeln nicht nur im Bett trage. Und selbst wenn ich eine Windel nur im Bett trage, wälze ich mich im Bett ziemlich oft hin und her und das muss eine gute Windel meiner Meinung nach schon aushalten können.
Vielen Dank, sehr ausführlich!